SCHWÄBISCHES TAGEBLATT |
12.02.2006 |
Zum Schmunzeln

Die Folkgruppe Jääräpäät war zu Gast im Forum

BODELSHAUSEN (ST). In Tübingen sind sie etabliert. Im Bodelshäuser Forum aber, wo sie am Samstagabend zum ersten Mal auftraten, mussten die drei "Dickköpfe" (so die Übersetzung des finnischen Wortes Jääräpäät) ihr Publikum erst gewinnen. Das fiel der finnischen Sängerin Laura Ryhänen sowie den beiden Tübingern Bernhard Mohl (Geige) und Christian Ther (Akkordeon, Gitarre) jedoch nicht schwer: Mit kleinen Tischen und Kerzenlicht hatte Büchereileiterin Sabine Klinder für die schwermütigen finnischen Weisen und rund 60 Konzertbesucher die passende Atmosphäre geschaffen.

Mit ihrem hellen, federleichten Sopran schlug Sängerin Laura Ryhänen die Zuhörer/innen von Anfang an in ihren Bann. Die in den frühen 70-ern in Finnland geborene Lehrerin bekam mit sechs ihren ersten Klavierunterricht; später besuchte sie ein Musik-Gymnasium, danach folgte ein Studium mit Spezialfach Musik (Gesang und Querflöte). Als Au-pair-Mädchen blieb sie 1996 in Tübingen hängen. Auch ihre beiden Mitspieler, Bernhard Mohl, Jahrgang 1960, und Christian Ther, ebenfalls in den 60-ern geboren, haben Musik studiert. Mohl spielt auch noch in anderen Tübinger Formationen (Frank Wekenmann und Solisten, Dietlinde Ellsässer und Heiner Kondschak), Ther ist Musiklehrer in Rottenburg.

Seit dem 4. November 2002 sind die drei zusammen und erfreuen ihr Publikum mit ihrer melodisch-melancholischen Musik, die von Liebeskummer, Seemännern und Zigeunerromantik handelt. Voller Seele sang Laura Ryhänen von tragischer Liebe, sanft trägt sie ihre Wiegenlieder vor, heiter strahlt sie als verliebtes ostkarelisches Mädchen und schmunzelnd fragte sie schließlich: "Naimisiinko?" - "Soll man heiraten?".

Bernhard Mohl mit seiner Geige und Christian Ther mit Akkordeon und Gitarre spannten einen Bogen zwischen kammermusikalischem Ernst und schräger Ironie. Zwischen ihren Stücken machten Jääräpäät heitere, ironische Einlagen und haben so das Bodelshausener Publikum immer wieder zum Schmunzeln gebracht.

Aufgrund des anhaltenden Beifalls gaben sie mehrere Zugaben und machten ihr Publikum zum Schluss darauf aufmerksam, dass man sie sogar mit heim nehmen könne - zumindest auf der zum Verkauf stehenden CD.

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Heiter bis mollig: ein musikalisches Finnland-Hoch

Jääräpäät sammelte im prall gefüllten Bildhäuser Hof Fans für nordische Folkmusik

Bad Neustadt (new). Adjektive der Begeiste-rung, welche die Stimmung treffen, die die
Gruppe Jääräpäät mit ihrer finnischen Folkmusik im restlos gefüllten Bildhäuser Hof
auslöste? Spitze, herzerfrischend, fantastisch? Das heutzutage gängige Mega-cool passt,
macht aber die Herrschaften nicht glücklich, die von diesem bezaubernden Abend so rundum
erfüllt wurden und beschwingten Schrittes den Heimweg antraten.

Der Mund gerät ins Schwärmen und weiß gar nicht, wo er anfangen soll, wenn er erzählen
soll, was er da alles erleben durfte: ganz klar, in erster Linie die wunderschöne Stimme der
Laura Ryhänen hören. Nichts Gekünsteltes stellte sich ihrem Klang in den Weg, schon der
erste Ton fesselte die Ohren und ließ sie nicht mehr los.

Da ging es dem Publikum nicht anders als dem mit seiner Geige verwachsenen Bernhard
Mohl, der Laura mal bei einem Gartenfest in Tübingen hatte singen hören. Wow, überwältigte
es ihn, und der Wunsch, mit ihr Musik zu machen, wurde Wirklichkeit. Mit Akkordeon und
Gitarre machte Christian Ther das Trio komplett – und damit konnte man sich aufmachen zu
uralten finnischen Volksweisen mit ihrer Melancholie und fast erdrückenden Moll-Lastigkeit.
Doch Laura, Bernhard und Christian lag es fern, ihre neu gewonnenen Fans in Schwermut zu
ertränken. Nein, mit witzig-trockenem, nur hingeworfenem Wortspiel (sie selber sprechen von
schräger Ironie) hatten sie so viele Lacher auf ihrer Seite, dass das Programm einen ungemein
heiteren Unterhaltungswert bekam. Und dabei gab es allerlei zu lernen über Finnland, die
Heimat von Laura Ryhänen.

Zum Beispiel die jahrhundertealte Überzeugung, dass etwas Schlimmes passieren wird, wenn
der Adler aus Nordost fliegt. Mit nahezu genialen Flageolett-Tönen empfand Bernhard Mohl
auf der Geige das Gleiten der Schwingen so intensiv nach, dass man den majestätischen
Vogel vor seinem Auge hatte und sich ganz leicht in das Liebesleid fand, das dieses Omen
herauf-beschwor und in Lauras schmerzerfülltem, schmelzend schönem Lied seinen Ausdruck
fand.

Ähnlich plastisch hoppelte der Baby-Hase geigengemalt über die finnischen Felder, der
gitarrenbesetzte Hund trabte hinterher, und die Schlusstöne verrieten, wie die Geschichte
ausging. Laura hingegen ließ es in ihrer verschmitzten Ansage bei Andeutungen.
Vom ersten bis zum letzten Moment durchdacht erweist sich Jääräpääts Konzept beim Blick
zurück auf das runde Erlebnis. Zu Beginn legten zwei Lieder aus der Seele des Volkes
zunächst den Verdacht nahe, nun müsse man sich alleine in der Weite der finnischen Wälder
und Seen verirren. Dann die helfende Hand: Bernhard Mohl spricht Deutsch. Leichte
Enttäuschung: Er kommt aus Tübingen. Aber Laura ist waschechte Finnin. Ob die uns mit
ihren vielen Ä was sagen kann? Aufatmen: Sie kann, in fließendem Deutsch. Permanent ist
sie gedanklich, stimmlich, mit der inneren Seelenlage in Bewegung - und wirkt dabei
vollkommen gesammelt und konzentriert.

Auf die Idee muss man erst mal kommen, ein Lied, das sich in Sehnsucht verzehrt,
anzukündigen: „Nur mit der Liebe hat's bei den Finnen nicht immer so geklappt. Vielleicht
sind wir deshalb nur fünf Millionen.“, um sich im nächsten Augenblick ganz und gar in die
unglückliche Frau hineinzuversetzen.

Ururalte Schlummerlieder, Melodien von Heimweh oder den Gedanken einer Mutter lassen
etwas spüren vom finnischen Lebensgefühl, und wenn Laura Schwedisch singt, haben alle
gelernt, dass es in Finnland einen Teil gibt, der diese Sprache spricht. Oder wenn die Geige
plötzlich auf temperamentvolle Zigeunerweisen umsteigt, erklärt Laura, dass es in Finnland
eine lebendige Sinti-Kultur gibt, und das Akkordeon verrät mit seiner musikalischen Sprache
den russischen Nachbarn.

Wenn Dr. Hans-Christoph Baigger, der Leiter der städtischen Kulturarbeit, mit seinem
Versprechen, die Musik der Welt nach Bad Neustadt zu holen, auch das Fernweh weckt, dann
hat dieser Abend in der Sympathie-Skala Finnland mit Sicherheit ganz obenhin gestellt.
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